Tipp des Monats

Wie kompensiere ich schnell Fallzahlverluste
durch den Wegfall von Leistungsgruppen?

Die Krankenhausreform führt dazu, dass viele Krankenhäuser ihr Leistungsportfolio gründlich umkrempeln müssen. Bestimmte Leistungen dürfen nicht mehr erbracht werden, in anderen Bereichen ergeben sich Fallzahlsteigerungen, weil z.B. Wettbewerber bestimmte Leistungen nicht mehr erbringen dürfen und die Patienten sich neu orientieren werden. Jedes Krankenhaus muss sich mit seinem veränderten Leistungsspektrum daher neu im Wettbewerb positionieren. Wir stellen in diesem Tipp des Monats eine bewährte Methode vor, die es ermöglicht, begrenzte Ressourcen genau dort einzusetzen, wo die größten Erlössteigerungen zu erwarten sind.

Das Problem

Viele Häuser verfügen nicht über eine wirksame, strategisch fundierte Steuerung ihres medizinischen Leistungsportfolios. Teure Kommunikationsaktivitäten verpuffen weitgehend, weil knappe Zeit und begrenzte finanzielle Mittel entweder mit der Gießkanne verteilt oder in Bereichen eingesetzt werden, die keine wesentlichen Fallzahlsteigerungen bringen.

So suchen viele Krankenhäuser ihr Heil am Rande ihres Einzugsbereiches und wundern sich dann, dass – wenn überhaupt – nur eine Handvoll zusätzlicher Patienten gewonnen wird, obwohl man sich doch so intensiv darum gekümmert hatte.

Falls überhaupt Instrumente der Versorgungsanalyse und der Markt-/Wettbewerbsanalytik eingesetzt werden, beschränkt sich die Nutzung häufig auf die Ansicht von geografischen Karten, auf denen Fallzahlen und Versorgungsanteile sichtbar sind und bestenfalls noch die Fallzahl der Wettbewerber dargestellt ist. Wer sich nun auf die Gebiete stürzt, bei denen die Wettbewerberfallzahl besonders hoch ist, hat schon verloren, weil die Chancen zur relevanten und nachhaltigen Steigerung der Fallzahlen gerade dort besonders niedrig sind.

Der Lösungsansatz

Tatsächlich reichen bereits Standardauswertungen der etablierten Anbieter von Systemen zur Versorgungsanalyse aus, um die Gebiete zu identifizieren, in denen die größten realistischen (!) Wachstumspotenziale je Fallgruppe zu finden sind.

Bei Angeboten der Regelversorgung steht hierbei das Kerneinzugsgebiet im Fokus, bei Angeboten der Schwerpunktversorgung das Umfeldgebiet – differenziert nach konkreter Wettbewerbssituation in der jeweiligen Himmelsrichtung – und bei Spezialleistungen die Peripherie.

Um das realistische Wachstumspotenzial einer medizinischen Leistung in einer definierten geografischen Region zu quantifizieren, reicht es aus, die Fallzahl und den Versorgungsanteil der eigenen Leistungen zu kennen. Schon vor mehr als 10 Jahren haben wir unter Nutzung dieser beiden Kennzahlen einen Potenzialindikator entwickelt und in vielen Projekten zur strategischen Portfoliosteuerung erfolgreich eingesetzt. Dieser Indikator kann auch problemlos auf die neuen Leistungsgruppen angewendet werden.

Der Potenzialindikator berücksichtigt alle wesentlichen Faktoren, die einen Einfluss auf das realistische Wachstumspotenzial einer Fallgruppe haben und fasst das Ergebnis in Form einer Zahl zusammen, die in etwa der Größenordnung der erreichbaren Fallzahlsteigerung durch Einsatz von gezielten Kommunikationsmaßnahmen entspricht:
- Größe der Zielregion nach Versorgungsvolumen (Gesamtfallzahl)
- Versorgungscharakter der Fallgruppe (Regel-, Schwerpunkt-, Spezialversorgung)
- Bekanntheit des Krankenhauses in der Zielregion
- Entfernung der Zielregion vom Krankenhaus
- Aktueller Versorgungsanteil in der Zielregion

Gemeinsam mit den verantwortlichen medizinischen Leitungen sollten die Schätzwerte des Potenzialindikators über eine differenzierte Wettbewerbsanalyse für die jeweilige Region validiert und anschließend ein umfassendes Marketingkonzept für die fachlich-regionale Kombination entwickelt werden. Dabei sind vor allem folgende Fragen zu beantworten:
- Was soll konkret angeboten werden und was unterscheidet unsere Leistungen vom Wettbewerb?
- Sind alle notwendigen Ressourcen verfügbar oder müssen wir investieren?
- Rechnen sich die Leistungen für das Haus oder vergrößern wir mit dem Wachstum unser Defizit?
- Wie lässt sich die jeweilige Zielgruppe kommunikativ am besten erreichen?

Der Nutzen

Die oben gezeigte Beispielauswertung zeigt für eine Fachabteilung eines Schwerpunktversorgers die realistischer Weise erreichbare Steigerung der Fallzahl für jede Fallgruppe (Zeilen) in jeder Versorgungsregion (Spalten). Es ist sofort erkennbar, dass eine aktive Bearbeitung der ersten sechs Fallgruppen deutlich mehr Erfolg verspricht als die Bearbeitung des übrigen Leistungsspektrums. Bei den Fallgruppen 1, 4, 5 und 6 kann die Bearbeitung auf die ersten drei Versorgungsregionen konzentriert werden, weil das Potenzial in den übrigen Regionen zu vernachlässigen ist. Die Fallgruppen 2 und 3 hingegen bieten in mehreren weiteren Regionen ein vergleichbares, teilweise sogar höheres Fallzahlsteigerungspotenzial, so dass hier die aktive Kommunikation regional breiter erfolgen sollte.

Die Auswertung gibt auch Hinweise auf das wirtschaftliche Potenzial. Die Fokussierung der Aktivitäten auf die rot umrandeten fachlich-regionalen Kombinationen hat im Beispiel ein wirtschaftliches Wachstumspotenzial um mehr als 1.000 Fälle – nur für diese Fachabteilung. Mittelfristig lassen sich die Erlöse dieser Abteilung also in der Größenordnung von mehreren Mio. EUR erhöhen.

Die Empfehlung

Wenn Sie in bestimmten Leistungsgruppen zügig Ihre Fallzahlen steigern wollen oder müssen, z.B. um den Wegfall von Leistungsgruppen kompensieren zu können, identifizieren Sie mit dem Potenzialindikator zunächst die Fachabteilungen und Leistungsgruppen, bei denen die Wahrscheinlichkeit für signifikante Wachstumspotenziale rechnerisch am größten ist.

Entwickeln Sie dann gemeinsam mit den verantwortlichen Leitungen ein Maßnahmenpaket, das geeignet ist, das Fallzahlpotenzial zu heben. Vor einer Umsetzungsentscheidung bewerten Sie im Stile einer Investitionsrechnung, unter welchen Bedingungen sich die Investition für das Krankenhaus lohnt und wie schnell sie sich amortisieren wird. Wenn Sie abschließend alle potenziellen Maßnahmen gegenüberstellen, ergibt sich eine Rangfolge der Maßnahmen, deren Umsetzung in kurzer Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit relevante Erlössteigerungen zur Folge hat.